Bericht Regionaltreffen Südhessen

17.07.2025 | Allgemein, Filzen, Regionalgruppen

 

Regionaltreffen SüdHessen: ein experimenteller Filz-Tag

Im Mai lud Tanja Kahl (FilzKunst und Kassierin vom Filznetzwerk eV) und Steph Selke (Die Filzerei) zum Regionaltreffen  SüdHessen in der gemütlichen Werkstatt im Gorxheimertal im Odenwald von Tanja ein.

Das Thema war eine Anregung aus der Filzfun 1/25: Hohlkörperfilze über einen Ball mit umgekehrter Musterlegung nach Natasha Smart.

Ausführlich gibt es Anleitung über mehrere englisch sprachige Bücher von Kollegin Smart.

Die acht Filzerinnen nahmen sich neugierig der Technik an, testeten und probieren aus, welche Vorteile diese Art der Herangehensweise bietet.

Das besondere an der Technik von Natasha Smart ist, neben dem Filzen direkt über eine dreidimensionale Form, die Art und Weise der Musterlegung. Denn sie beginnt mit der Legung der Muster-Wollfäden und anschließend wird die Wolle für das Gefäß darüber gelegt. Am Ende, nach dem Filzprozesses, wird dann das ganze Werkstück gewendet

Interessant und nahezu spaßig ist die Filzmethode. Nach dem Auflegen der Wollfäden und der Wolle „verpackt“ sie den Ball und lässt ihn „baunzen“, in der Schüssel an den Rand stoßen und auch auf den Tisch doppsen lassen.

Bemerkenswert war, dass die acht Frauen, trotz klarer Vorgabe durch die Anleitung im vorhandene Buch, dennoch unterschiedliche Herangehensweisen hatten. Claudia Hecker hatte sich sogar die Mühe gemacht und vorab schon eine Filzprobe mit den Maßangaben aus dem Buch angefertigt. Manche Kollegin entschied, weniger Wolle als in der Originalanleitung auszulegen, es wurden unterschiedliche Wollfasern genutzt, auch in unterschiedlicher Feinheit, unterschiedlich große Bälle, das Material wurde mal genässt, mal trocken aufgelegt, diverse Materialien um die Wollfasern um den Ball herum fest zu halten  wurden genutzt und es wurde die Luft mit und ohne Folie herausgedrückt, mal mehr, mal weniger angefilzt, bevor der eigentliche Bewegungsprozess wie von Natasha Smart ihn vorschlägt, beginnt.

Am Ende gab es, neben kleineren Missgeschicken, insgesamt nur wunderbare Erfolgserlebnisse. Entstanden sind Tornister, Körbchen, Utensilos, Übertöpfe und sogar ein Hut. Obendrein hatten alle einen tollen gemeinsamen Tag mit reichlich neuen Impulsen.

Ganz herzlichen Dank gilt Tanja Kahl, die wieder ihre Werkstatt zur Verfügung gestellt hat.

Letztendlich waren von der Technik nicht alle überzeugt. Hier gibt es von jeder der acht Teilnehmerin des Regionaltreffens einen persönlichen Tipp.

Karin Beller war die Einzige, die sich gleich an ein Körbchen mit Henkeln waagte:

„Ich habe ein kleines Körbchen über einem Ball von 19 cm hergestellt.  Benutzt habe ich feine Merinowolle im Vlies und dabei pro Lage unterschiedliche Farben benutzt. Dadurch konnte ich genau sehen, wo ich schon ausgelegt hatte und es ist eine gute gleichmäßige Qualität entstanden. Die Henkel des Körbchen sollte man unbedingt vor dem Einpacken in die Plastiktüte gut anfilzen, damit sie sich am Ende gut verbinden.“

Iris Beyer rät zu sorgfältiger Materialauswahl:

„Bei meinem  ersten Versuch habe ich als Muster zwei verschiedene Wollfäden spiralförmig und Sarifasern strahlförmig gelegt. Ich verwendete feines Merinovlies für die Außenseite und für innen Resteflocken.

Mit dem Ergebnis bin ich zufrieden.

Beim zweiten Versuch verwendete ich ein gröberes Merinovlies und als Muster sternförmig ausgelegte Filzwollfäden und Seidenfasern.

Das Material hat sich beim ersten Anfilzen stark ausgedehnt, sodass es gar nicht mehr am Ball anlag. Es war sehr mühsam es so zu schrumpfen, dass es wieder auf den Ball passte.

Das Muster hat sich komplett abgelöst.

Dennoch hat die Technik einen Reiz für mich. Das Anfilzen in der Strumpfhose ist sehr spielerisch und macht Spaß.“

Daniela Dölger kehrt zurück zur klassische Schablonentechnik:

„Ich war nicht ganz begeistert. Zweifarbig auslegend ist sicherlich besser. Mein Objekt ca. 40cm Durchmesser hat viele sehr dünne Stellen, weil die Wolle durch ihr Eigengewicht mit dem Wasser sehr verrutscht ist.

Positiv fand ich, daß das Muster relativ gut auf seiner Position fixiert war.

Kleinere Bälle sind sicher im Handling einfacher zu handhaben.

Ich bevorzuge doch die Schablonentechnik. Walken auf dem Ball geht ja auch aus der Fläche heraus.“

Claudia Hecker empfiehlt alles gut anzufilzen:

„Das Muster aus Wollfäden, sowohl außen als auch innen, verbindet sich nicht immer gut mit der Flieswolle. Daher mein Tipp: die Verzierung , die als letztes auf die äußere Wollschicht aufgelegt wird, und dann später im Inneren des Objekts ist, sollte gut angerieben werden, bevor der Ball in der Strumpfhose geprellt wird. So wird auch die innere Verzierung gleich mit bearbeitet.“

Tanja Kahl machte zwei Objekte mit sehr unterschiedlichen Ballgrößen und hatte dadurch den direkten Vergleich:

„Mein erster Versuch war mit einem mittelgroßer Ball (17cm Durchmesser) mit feiner Merinowolle und mit gesponnener Filzstrickwolle. Es hat ruckzuck gefilzt und ist sehr stabil geworden. Das Objekt kann sogar als Hut getragen werden.

Zweiter Versuch mit einem großen Ball (Durchmesser 42 cm), belegt mit

Bergschafwolle und gesponnener Filzstrickwolle. Dieses Ergebnis ist leider etwas löchrig, da ich die Wolle wohl nicht gleichmäßig verteilt habe.

Wahrscheinlich wäre das mit zwei unterschiedlichen Farbschichten nicht passiert. Denn mit einer Farbe ist nicht sichtbar welche Stellen schon zweifach belegt sind und die Wanddicke wird ungleichmäßig“.

Doris Kunz möchte weitere Versuche starten, aber mit genau abgewogenen Farbschichten:

„Ich finde die Technik spannend für weitere Versuche. Ich werde beim nächsten Mal die Wolle für die Schichten wiegen. Es ist wichtig gut-filzende Wollfäden für das Muster zu benutzen. Auch einen Versuch mit Seidenstoffen möchte ich gerne machen.“

Birgit Samson rät zu rechtzeitigem Luft ablassen während des Filzprozesses:

„Die Technik hat großes Potential für Motive, die kreisförmig oder spiralig um den Ball gehen. Verwendet habe ich extrafeine Merino im Vlies, ziemlich dünn ausgelegt, was leicht und gleichmäßig ging. Motive habe ich mit Strickwolle (mit Wollanteil), Seidenfasern und Seidenstoff gelegt.

Wenn man dünn auslegt, sollte man rechtzeitig etwas Luft aus dem Ball ablassen, sonst entstehen Löcher, weil der Filz schrumpft und der Ball dem dann entgegen wirkt.“

Steph Selke hat Spaß am Experimentellen gefunden:

„Die meisten von uns haben einfach los gelegt und ohne Anzeichnungen auf den Bällen gearbeitet, entgegen der Anleitung von Natascha Smart. Wir hatten wunderschöne ungleichmäßige Muster, die zum Material Filz aus meiner Sicht sehr gut passen.

Durch die andere Bewegungstechnik des Verfilzens ergeben sich neue, ungewöhnliche Bewegungsarten, die eine Menge Spaß machen und für Anfänger geeignet sind, sofern der Ball nicht zu groß ist.

 

 

Text –  Steph Selke, Die Filzerei, Heidelberg

Fotos – Steph Selke

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