Chronik eines wunderbaren Wochenendes
15.03. – 18.03.2018
Jugendherberge Detmold / Lippe
Organisation: Kathrin Bauernrichter und Stefanie Holzgräwe
Ankunft und Wiedersehen
Schon nach vollkommen chaosfreier Anmeldung und Zimmerfindung am Donnerstag 15.März konnten sich die ersten Teilnehmerinnen der 23. Filzbegegnung ihrer Wiedersehensfreude hingeben. Viele lachende Gesichter, Umarmungen und freudige Gespräche waren da auf den Gängen und in den Aufenthaltsräumen zu beobachten. Auch der Abend ließ viel Raum für Begegnung und Wiedersehensfreude.
Die Organisatorinnen Kathrin Bauernrichter und Stefanie Holzgräwe hatten mit „meet and greet“ genau den Nerv der Teilnehmerinnen getroffen. So konnten sich alte Bekannte austauschen und neue Gesichter willkommen geheißen werden.
Unsere Woll- und Faserhändler trafen dann auch schon ein und der Tagungsraum füllte sich mit Wollstapeln und Kisten. So wurde endgültig klar, hier wird auch noch gearbeitet. So entstanden auch die ersten Fachgespräche, über Farben und Fasern, über Wolle und Filz, über Werkzeug und Kurzwaren. Alles nicht bierernst sondern eher von einem Bier umrahmt. Gemütlich und gutmütig werden Erfahrungen und Wissen ausgetauscht.
Der Freitag war dann auch nicht mehr ganz so gelassen geplant. Jetzt startete das offizielle Programm der Filzbegegnung. Das Organisationsteam hat ein gemeinsames Filzprojekt vorgesehen, das einen lange gehegten Wunsch der Filzerinnen umsetzen sollte. Wir wünschen uns schon lange eine Landkarte, um zu zeigen, wo wir alle herkommen. Genau das sollte unser gemeinsames Projekt dieser Filzbegegnung werden. Trotzdem kommt eine verbissen ernsthafte Stimmung bei den Filzerinnen nie auf.
Ein Filzlandkartenteppich entsteht
Christine Schwarzkopf hatte in tagelanger Kleinarbeit eine Landkarte Deutschlands vorgezeichnet, mit den Ländergrenzen, Flüssen, Autobahnen und Städten. Da sie auch die Herkunftsorte der angemeldeten Filzerinnen eingezeichnet hat, sollte sich daraus noch eine lustige Debatte über Stadtgrößen entwickeln.
Die technische Ausführung des Teppichs war aber en Detail nicht vorbestimmt und so war bereits die Planung gekennzeichnet von lebhafter aber immer sehr fröhlicher Diskussion über das Für und Wider einzelner Vorgehensweisen. Man entschied sich letztlich für eine moderne Interpretation einer turkmenischen Teppichfilztechnik.
Nach der Festlegung der Länderfarben, die sich vor allem an den Farben der gespendeten Wolle orientierte, fanden sich Gruppen zusammen, die die Vorfilze für die einzelnen Bundesländer erstellten. Diese wurden dann in den genauen Grenzen ausgeschnitten und vorläufig zur Seite gelegt.
Doch wie sollte es jetzt genau weiter gehen. Das die Straßen und Flüsse aus Filzschnüren unter die Vorfilze gelegt werden sollten war klar. Auf der Folie würden sie aber viel zu leicht verrutschen und so das Bild verfälschen. Wenn wir ein Laken darüberbreiten, dann war die Vorlage nicht mehr zu sehen. Da hatte Beate Bossert den rettenden Vorschlag, dank großer Erfahrung. Wenn das Laken nass wäre, dann wären die Linien der Vorlage noch gut zu sehen. Gesagt, getan und so konnten wir zudem auf einem rutschfesten Untergrund alles gut auslegen.
Beate Bossert war unter den Anwesenden die erfahrenste Teppich-Filzerin und stellte uns ihren ganzen Wissensschatz großzügig zur Verfügung. Diese Aspekte machen jede Filzbegegnung zu einer großartigen Bereicherung für Anfänger und Profis in Sachen Filz.
Das rote Städte auf rotem Grund nur sehr schlecht zu erkennen sein würden, das hatten wir bei den Vorfilzen leider vergessen. Das Bremen zwar ein Bundesland, aber trotzdem nicht größer als München ist, mag man uns verzeihen und im Ruhrgebiet lohnt nicht, die einzelnen Städte zu unterscheiden, da muss es ein großer roter Fleck tun. Die Baden-Württemberger bestanden dann auch noch auf den Neckar und so entstand eine Situationskomik, die nur von den Anwesenden nachempfunden werden kann.
Als alles gut platziert war, mussten noch bergeweise Wolle auf die Rückseite für einen guten Halt und die nötige Dicke des Teppichs aufgelegt werden. Auch hier konnten wir dank großzügiger Wollspenden aus dem Vollen schöpfen.
An dieser Stelle sei den Spendern
FILZRAUSCH www.filzrausch.de
HOF KORNRADE www.hof-kornrade.de
WOLLKNOLL www.wollknoll.de
herzlich gedankt.
Erst jetzt durfte so richtig gearbeitet werden. Es war auch inzwischen Abend geworden und die Luft war erst mal raus. Es gelang aber noch einigen sich zu motivieren und den gesamten Teppich mit viel Wasser und noch mehr Seife anzufilzen und zu rollen. Nach etwa 2 Stunden konnte er dann auch erstmals umgedreht und vom Laken befreit werden. Der erste Eindruck war überwältigend. Eine tolle Arbeit, die aber leider noch lange nicht fertig war. Jetzt waren auch andere wieder bereit und fähig mitzuwirken und so wurde noch Stunden lang gerollt und gewalkt, bis der Teppich fertig war.
Aber schon während dieser Walkarbeiten hatte sich das Projekt verselbständigt und es entstanden ganz nebenbei, in abendlicher Stimmung bei so manchem anregenden Getränk kleine Accessoires für die Landkarte. Susanne Breuling machte den Anfang mit einer kleinen Schwarzwaldlandschaft mit Kuckuck. Sie brachte damit eine Lawine an Ideen ins Rollen, die uns die gesamte restliche Zeit begleitete und wunderbare Kleinigkeiten hervorbrachte.
Aber das war noch längst nicht alles!
Abendliche Stadtführung
Neben all den wunderbaren Erlebnissen in der Jugendherberge hatte die Filzbegegnung aber auch noch andere kulturelle Highlights zu bieten. Am Freitag-Abend stand eine Stadtführung der besonderen Art auf dem Programm. Leider hatte das Wetter uns einen Strich durch die ursprüngliche Planung gemacht. Bei Schnee und Regen wird es leider sogar den Gespenstern in Detmold zu kalt, so dass sie das Team kurzerhand für die mittelalterlich-musikalische Stadtführung des Gauklers Daniel Wahren entschied.
Und so lautete Das Motto des Abends: Der Spielmann „spielt“ und das Volk „folgt“. Es folgte dann auch eine gut gelaunte Gruppe Filzerinnen und Filzer einer interessanten und sehr lustigen Stadtgeschichte der Stadt Detmold-Lippe. Und wieder einmal zeigte sich eine Perle dieser Nation von ihrer schönsten Seite. Ein Grund mehr sich jedes Jahr auf die Filzbegegnung zu freuen.
Wir nahmen dann auch diese Stimmung mit in die Jugendherberge zurück und der restliche Abend verlief ebenso spielerisch und launig, wie er begonnen hatte. Die Spenden der Detmolder Strate Brauerei trugen ihren Teil dazu bei, dass noch sehr intensiv und kreativ gearbeitet, geredet und gefeiert wurde.
Samstag war dann volles Programm
Für die Mitglieder des Filznetzwerk e.V. gibt das Protokoll ausführlich Auskunft über die Inhalte der Mitgliederversammlung des Vereines, die den Samstagvormittag der Filzbegegnung ausfüllte. Für alle Nichtmitglieder sei hier vermerkt, dass wir während dieser Sitzung über die Arbeit des Vorstandes informiert wurden. Es zeigte sich wieder einmal, dass die Vorstandschaft ein intensives Jahr voller neuer Ideen und voller Arbeit hinter sich hatte. Ob es nun um das Filzen mit Kindern, das Qualitätszertifikat oder die Berufsausbildung ging, hier arbeitete ein tolles Team erfolgreich zusammen.
Jeder, der sich mit Filz auseinandersetzt, ganz egal, ob als Hobby oder im Beruf, findet sich in diesem Verein wieder und fühlt sich gut aufgehoben.
Aber das war noch längst nicht alles!
Ausstellung Marienmünster
Nach dem Mittagessen genossen dann alle eine sehr ruhige Busfahrt nach Marienmünster. Im dortigen Kloster in der Reisescheune wurde die internationale Filzkunstausstellung des Filznetzwerk „Gehalten und Getragen“ eröffnet.
Zur allgemeinen Begeisterung trug einerseits das tolle Ambiente der Räumlichkeiten bei, aber auch die schönen aber kurzen Reden zur Eröffnung stießen auf allgemeine Zustimmung und so hatten die Anwesenden viel Zeit, sich den Kunstwerken zu widmen.
Da das Kloster Marienmünster neben der Ausstellung aber selbst noch viel Sehenswertes zu bieten hat, so konnten sich die Teilnehmerinnen im Anschluss auch noch einer kurzen und sehr ruhigen Klosterführung anschließen, die sie in die Stille und Pracht eines barocken Klosters mitnahm. Eine stille Bereicherung eines ereignisreichen Tages.
So blieb dann auch noch viel Energie übrig, für den letzten Abend der Filzbegegnung.
Im Tagungsraum der Jugendherbergt setzten dann die fleißigen Hände der Filzerinnen immer neue Ideen für den Landkartenteppich um. Immer neue Details entstanden und immer neue Ideen und Wahrzeichen entstanden. So wurde aus den Resten der Autobahnen die Zeche Zollverein gefilzt, goldene Statuen, Leuchttürme und Schiffe, Würstchen und Kekse, unglaubliche Sehenswürdigkeiten in Kleinformat entstanden aus Wolle in den sachkundigen Händen der Anwesenden Filzerinnen. Aber auch drumherum entstanden viele kleinere und größere Filzobjekte, die gar nichts mit dem Thema oder dem Filzprojekt zu tun haben.
Das ist ein weiteres Merkmal der Filzbegegnung – jeder kann – keiner muss. Jeder hilft jedem, jeder stellt sein Wissen zur Verfügung.
Es entwickeln sich immer ganz ohne Anleitung Trendobjekte, die dann von der Gruppe aufgenommen werden. Man schaut sich Techniken ab und probiert sie auch gleich aus. Diesmal waren es die phantastischen Bowtruckles, die sich wie ein zweiter Roter Faden durch die Filzbegegnung zogen.
Aber auch der längste Abend geht einmal zu Ende und so war dann auch schon der letzte Tag der Filzbegegnung angebrochen.
Abschlussrunde
Nur ein offizieller Programmpunkt war für diesen Tag noch vorgesehen: die Abschlussrunde. Jetzt konnte endlich die Landkarte in ihrer ganzen Pracht und Herrlichkeit erstrahlen. Zu Beginn zeigte sich das gute Stück etwas widerspenstig, war sich doch im Freien nicht getrocknet, sondern zu einem steifen Brett gefroren. Mit jeder Pinnnadel, die von einer Teilnehmerin platziert wurde und mit jedem Accessoire, das eine Stadt und einen Herkunftsort markierte, wurde dieses Netzwerk plastischer. Die ganze Landkarte füllte sich nach und nach mit Leben – Und diese Geschichte würde weitergehen. Bei der nächsten Filzbegegnung würden neue Menschen dazukommen, würden neue Nadeln gesteckt und neue Wahrzeichen zugefügt werden. Eine wahrhaft großartige Idee.
Abschied
Der Abschied fiel wie immer lang und schmerzvoll aus, war man sich doch sicher, dass ein ganzes Jahr vergehen würde, bis man sich wieder in die Arme schließen kann. Aber wir können uns dank des liebenswerten Gabriel Leithaus schon jetzt auf die nächste Filzbegegnung freuen.
Text Margit Röhm
Fotos Margit Röhm, Unbekannt
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