Als Beitrag zur geplanten Ausstellung „Ver-Kleidung“ hat sich Sabine Köhlert diesen Knoten ausgedacht und gekonnt in Filz umgesetzt.
Mich inspiriert er zu der Frage, wie man so manchen Knoten wieder entwirrt bekommt, ohne – wie Alexander der Große beim gordischen Knoten – mit dem Schwert zuschlagen zu müssen. Wir lernen schon recht früh einen Knoten zu machen und einige Zeit später kommt noch eine Schleife dazu. Wer das richtig beherrscht, kann sich anerkennender Worte sicher sein. Vor dem Klettverschluss war es wirklich sinnvoll, möglichst früh diese Fähigkeiten zu erwerben, wollte man seine Schuhe nicht verlieren. Will man Segeln lernen oder einen Bootsführerschein erwerben, lernt man eine Vielzahl von Seemannsknoten. Für die Prüfung übt man noch, lacht miteinander und lernt sogar kleine Geschichten auswendig, damit man die komplizierten Knüpfabläufe gut erinnert. Kaum hat man die Prüfung hinter sich, besorgt man sich im Handel fertig „konfektionierte“ Taue und Leinen mit Gummipuffern. Dann hat man es hinter sich, muss keine Knoten mehr zu knüpfen, kann einfach Zeit sparen und Mühen vermeiden – vielleicht.
Wenn wir den Kindern erst Klettverschluss-Schuhe kaufen, damit sie Zeit haben in ihrem eigenen Tempo Schleifen binden zu lernen, dann hat das gute Gründe. Das wir uns aber einreden lassen, es gäbe für alles eine leichtere, zeitsparendere Lösung hat dazu geführt, dass wir ganze Maschinenparks in unseren vier Wänden beherbergen. Nein, ich will nicht zurück in den Haushalt meiner Großmutter, in der mein Großvater die Küchenmaschine war, weil er mehr Kraft hatte als meine Oma. Ich will auch nicht zurück in die Zeiten des Waschkessels. Aber eine Zitrone oder Apfelsine auszupressen braucht eher keine elektrische Unterstützung. Ab und zu darf man sich fragen, ob es nicht auch ein einfacher Schrubber mit Wischtuch tut, bevor ich mir einen Saugwischer mit Akku und dazu einen Wischsauger mit Kabelanschluss anschaffe, der sinnvollerweise von einem Saugroboter unterstützt wird. Ich möchte auch nicht mehr von Berlin nach Ulm in der Kutsche fahren, reiten oder gar zu Fuß gehen. Doch von hier zum Bäcker kann ich ohne Probleme laufen oder mit dem Fahrrad fahren. Ab und zu kann es wirklich hilfreich sein, erst einmal zu wissen, wie etwas mit der Hand, mit Körperkraft und mit Handwerk im wahrsten Sinne zu bewältigen ist. Sich helfen zu lassen, Unterstützung anzunehmen ist in vielen Lebenslagen gut und sogar hilfreich. Dennoch ist es einfach ein wunderbares Gefühl, wenn ich um die Abläufe weis und so manchen Vorgang ganz ohne Technik bewältigen kann. Einen komplizierten Knoten so zu knüpfen, dass er stabil und sicher das Boot am Steg hält und sich doch mit einem Handgriff lösen lässt – das ist eben eine Kunst für sich. Ich hoffe, dass wir für all die künstlichen und technischen Verknotungen unserer Tage immer den Handgriff kennen, der sie wieder auflösst – Schwerter sind so aus der Mode und brauchen auch wieder Platz.
Bleibt gesund!
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