Wie viele Weihnachtsfeste hast du schon miterlebt, gestaltet und genossen? Wie viele Stunden hast du damit zugebracht, Familientraditionen zu pflegen, vertraute Lieder zu singen, geliebte Filme anzusehen oder Plätzchen nach Omas Rezept zu backen? Am Weihnachtsbaum muss unbedingt der eine Engel/der eine Stern hängen, den du für deinen ersten eigenen Baum gekauft hast. Was für ein Glück, ihn wieder zu finden, ihn in Händen zu halten und in den Baum zu hängen. Auch wenn in den Jahren viel Baumschmuck dazu gekommen ist, dieses Lieblingsstück gehört unbedingt dazu.
Ich bin mir sicher, dass wir alle dieses wohlige Gefühl kennen, wenn uns positiv Vertrautes Sicherheit vermittelt und Wohlgefühl verbreitet.
Selbst wenn wir Abwechslung suchen, Neues hinzunehmen, manchmal ganz neue Wege gehen, begleitet uns das Vertraute. Unterschiede kann ich nur erkennen, wenn ich etwas zum Vergleichen habe, wenn mir klar ist, was ich hinter mir lasse. Neue Wege werde ich dann gehen, wenn ich die alten gut genug kenne und dadurch immer wieder auf sicheren Boden zurückkehren kann.
Wir filzenden Handwerkerinnen kennen das alles zur Genüge, ohne es jemals wirklich in Worte zu fassen. Dabei ist genau das unsere Stärke! Wir bauen auf Vertrautem und Traditionellem auf, erproben Neues, indem wir die gewohnten Wege ausweiten, vertiefen, mit neuem Leben füllen und mit neuen „Belägen“ experimentieren und manchmal neue Nebenstraßen erschaffen. Wir vertrauen unserem Material und trauen ihm einiges zu. Wir wollen hinter seine Geheimnisse kommen und testen, probieren, rechnen, wiegen, walken und schneiden – bis wir zufrieden sind.
Wir vertiefen uns dabei manchmal so sehr in Details, dass wir das eigentliche Ziel aus den Augen verlieren. Uns begegnet das eine Problem, an dem wir tage lang tüfteln und manchmal unbedingt Abstand brauchen, damit wir nicht alles in die Ecke pfeffern. Eines Morgens (oder mitten in der Nacht) kommt die Idee, die das Problem löst, die deine Frage beantwortet. Was für ein Gefühl.
Wir lernen durch Wiederholung, durch serielles Arbeiten und durch Experimente. Wir wachsen an unserer Kraft, unserer Geduld und Ausdauer. Wir finden uns und unsere Handwerkskunst in uns selbst, im Material, im Austausch mit anderen, bestimmt auch im Beharren auf Vertrautem.
Es ist ein wenig wie im Advent mit den 24 Vorbereitungstagen, mit den Ritualen, den Besuchen auf dem Weihnachtsmarkt. Wir finden uns in der Wiederholung und zugleich im Beschreiten neuer Wege, lernen uns neu kennen und finden dann den Stern, der uns an das wunderbare Vertraute denken lässt.
Für die nächsten Vorbereitungstage wünschen wir euch viel Vertrautes und manch anregendes Neues!
Einen schönen 3. Advent.
Text Susanne Schächter-Heil
Fotos Doris Niestroj
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